Studie: Flüssige Kraft- und Brennstoffe für die Energiewende nötig
Flüssige erneuerbare Kraft- und Brennstoffe sind für eine weitgehend treibhausgasneutrale Energieversorgung unverzichtbar, berichtet das Institut für Wärme und Oeltechnik (IWO) und bezieht sich dabei auf eine Prognos-Studie, die im Auftrag des Vereins durchgeführt wurde.

Berlin - "Verbraucher und wichtige Wirtschaftsbereiche werden auch künftig flüssige Energieträger benötigen", erklärt Jens Hobohm, Leiter Energiewirtschaft und Studienleiter bei der Prognos AG. Solche Kraft- und Brennstoffe stellten derzeit in Deutschland rund 98 Prozent der Antriebsenergie im Verkehrssektor und etwa 22 Prozent der Heizenergie bereit. Zudem decke die chemische Industrie hierzulande drei Viertel ihres organischen Rohstoffbedarfs mit Mineralöl. Will Deutschland das klimapolitische Ziel einer 80- bis 95-prozentigen Reduktion der Treibhausgase erreichen, ist es daher entscheidend, flüssige Energieträger wie Kerosin, Benzin oder Diesel zunehmend treibhausgasreduziert herzustellen, so Hobohm.
Dies wäre möglich, indem erneuerbarer Strom mit Hilfe von Elektrolyse-Wasserstoff und Kohlenstoff in einen flüssigen Energieträger (Power-to-Liquid, PtL) umgewandelt würden. Der Kohlenstoff könne zum Beispiel aus der Luft oder aus Biomasse gewonnen würden (Power-and-Biomass-to-Liquid, PBtL). Das sei das Ergebnis der Studie "Status und Perspektiven flüssiger Energieträger in der Energiewende", in der zwei Szenarien mit 80 beziehungsweise 95 Prozent Treibhausgasreduktion in Deutschland gegenüber 1990 analysiert werden.
Bedarf in Deutschland von bis zu 2.500 Petajoule im Jahr 2050
Die Studie zeige für die einzelnen Verbrauchsbereiche auf, wie mit Hilfe von E-Fuels - also fast treibhausgasneutralen, synthetischen Kraft- und Brennstoffen - die Klimaziele erreicht werden könnten, so der IWO. "Im Jahr 2050 benötigt allein der internationale Luft- und Schiffsverkehr Deutschlands ca. 550 Petajoule Energie. Wird PtL als Lösungsstrategie in allen Sektoren eingesetzt, werden bis zu 2000 Petajoule gebraucht. Weitere rund 500 Petajoule könnten Rohstoff für die Chemie sein. Zusammen entspricht das rund 60 Millionen Tonnen klassischer Raffinerieprodukte", erläutert Hobohm.
Aus heutiger Sicht könne PtL im Jahr 2050 zu Kosten zwischen 70 Cent je Liter bei optimalen Standortbedingungen und rund 1,30 Euro je Liter erzeugt werden. Damit wäre PtL für Verbraucher je nach Anwendung gegenüber rein strombasierten Lösungen auch preislich wettbewerbsfähig. "Voraussetzung hierfür ist ein groß-industrieller Einstieg in die PtL-Technologie, damit die in der Studie angenommenen Lerneffekte erzielt und Kosten gesenkt werden können. Natürlich sollte PtL zudem so effizient wie möglich eingesetzt werden."
Vorteile und Einsatzbereiche der E-Fuels
Die Vorteile von E-Fuels liegen auf der Hand: Sie sind technisch in allen Verbrauchssektoren einsetzbar. Pipelines, Tanklager, Heizöltanks, Tankstellen sowie die bestehende Fahrzeugflotte können weiter genutzt werden. Denn E-Fuels können genauso verarbeitet, gespeichert, transportiert und verwendet werden wie heutige flüssige Energieträger. Das wäre insbesondere für Verbraucher vorteilhaft. Darüber hinaus sei eine sehr weitgehende Treibhausgasreduktion (95 Prozent) nur mit E-Fuels möglich. Auch im internationalen Rahmen ergeben sich laut Studie günstige Effekte für Klimaschutz und Handel. "Die Produktion von PtL würde vor allem in besonders sonnen- und windreichen Ländern erfolgen und dort positive volkswirtschaftliche Perspektiven eröffnen", so Hobohm. Die Importe wirken zudem ausgleichend auf die deutsche Handelsbilanz.
Roadmap für die Markteinführung
Damit Verbraucher ihre Autos oder Heizöltanks mit E-Fuels befüllen können, empfehlen die Studienautoren unter anderem eine Roadmap zu entwickeln, Forschungs- und Entwicklungskapazitäten auszubauen und einen allmählichen, aber stetigen Markthochlauf anzustreben. Hierfür seien - je nach Phase - verschiedene regulatorische und ökonomische Maßnahmen und Instrumente geeignet und notwendig. "Der Einstieg in die Entwicklung weitgehend treibhausgasneutraler flüssiger Energieträger ist unverzichtbar und somit eine No-regret-Maßnahme", erklärt Hobohm.
Heizölpreise nach Bundesländern im Vergleich